Foto Nina Strehl
Immer wieder frage ich mich, was ich tun kann, um Menschen zu erreichen, die nicht bereit oder nicht in der Lage sind, zuzuhören, wenn ich mit ihnen spreche. Ich bin überzeugt, dass wir alle menschliche Wesen sind und deshalb auch die Fähigkeit haben, nachzudenken und die Dinge ganzheitlich zu betrachten - nicht nur aus kurzfristigem, sondern auch aus langfristigem Interesse. Leider nutzen die meisten Menschen diese Fähigkeit nicht, insbesondere wenn sich Emotionen entwickeln. Dadurch tendieren sie zur Kurzsichtigkeit, was ihnen scheinbar unmittelbar eine gewisse Befriedigung bringt, indem sie andere kritisieren, ihnen schaden oder im schlimmsten Fall sogar töten. Doch diese Befriedigung ist kurzsichtig, denn längerfristig gesehen ist niemand daran interessiert.
Ich glaube jedoch, dass die menschliche Natur grundsätzlich mitfühlender ist. Wir haben auch unser wunderbares Gehirn, das uns helfen kann, uns zu ändern. Durch Erziehung und durch Bewusstsein können sich diese Menschen ändern und lernen, die Dinge nicht mehr nur unmittelbar zu betrachten, sondern weitsichtiger zu sein.
Philosophisch betrachtet gibt es verschiedene Konzepte, aber wir müssen uns fragen, was die Absicht der verschiedenen Philosophien ist. Alle haben dieselbe Absicht: Sie sind überzeugt vom Wert der Liebe und des Mitgefühls.
Wenn ich also skeptisch bin, wenn ich zum Beispiel mit einer neuen Religion oder Philosophie konfrontiert werde, ist es wichtig, dass ich mir die Zeit nehme, um diese Ideen gründlich zu prüfen und zu reflektieren. Eine kritische Einstellung kann dabei helfen, ungesunde Kulte oder ideologische Manipulationen zu vermeiden. Gleichzeitig sollte ich aber auch offen für neue Ideen und Erfahrungen sein und mich nicht von vornherein gegen alles Neue verschließen.
Insgesamt ist es wichtig, dass ich unabhängig von meiner religiösen Überzeugung oder spirituellen Praxis die Fähigkeit entwickle, mit anderen in Dialog zu treten und mich für die Ansichten und Bedürfnisse anderer zu öffnen. Nur so können wir als Gesellschaft gemeinsam wachsen und uns weiterentwickeln. Der Dalai Lama spielt in diesem Sinne mit seiner Arbeit für den interreligiösen Dialog und die Förderung des Mitgefühls und der Toleranz eine wichtige Rolle und hat eine wertvolle Botschaft für uns alle.
Im philosophischen Sinn möchte ich gerne den Gedanken noch erweitern, indem ich auf die Bedeutung von Mitgefühl und Toleranz in der tibetischen buddhistischen Philosophie eingehe. Der Dalai Lama betont immer wieder, dass Mitgefühl das zentrale Element seiner Lehre ist und dass es die Grundlage für das menschliche Zusammenleben bildet. Aus buddhistischer Sicht ist Mitgefühl keine bloße Emotion, sondern eine bewusste Entscheidung, anderen Lebewesen gegenüber respektvoll und hilfsbereit zu sein. Es geht also nicht nur darum, dass ich mich in die Situation anderer einfühle, sondern auch aktiv etwas tue, um das Leiden anderer zu lindern
Natürlich gibt es noch viele weitere Aspekte, die im Zusammenhang mit Mitgefühl, Toleranz und Dialog in der Gesellschaft eine Rolle spielen. Doch ich denke, dass die Betrachtung der tibetischen buddhistischen Philosophie und die Arbeit des Dalai Lamas hier einen guten Einstieg bieten und wichtige Impulse setzen können.
Es ist wichtig zu betonen, dass diese Werte nicht nur für religiöse oder spirituelle Menschen von Bedeutung sind, sondern für alle Menschen, die in einer Gesellschaft zusammenleben. Wir alle können von einer Kultur des Mitgefühls und der Toleranz profitieren und dazu beitragen, dass unser Zusammenleben friedlicher und harmonischer wird.
Letztendlich geht es darum, sich für die Bedürfnisse und Ansichten anderer zu öffnen und sich bewusst zu machen, dass wir alle Teil einer größeren Gemeinschaft sind. Wenn wir uns für Mitgefühl und Toleranz entscheiden, können wir dazu beitragen, Konflikte zu lösen und Brücken zwischen verschiedenen Gruppen und Kulturen zu bauen.
In diesem Sinne sollten wir uns alle darum bemühen, unsere Fähigkeit zum Mitgefühl und zur Toleranz zu stärken und uns für den Dialog mit anderen zu öffnen. Denn nur so können wir gemeinsam eine Gesellschaft gestalten, in der sich alle Menschen respektiert und gehört fühlen und in der wir gemeinsam wachsen und uns weiterentwickeln können.
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